Berichte Jemen
Mobile Teams im Jemen erreichen auch Menschen in abgelegenen Regionen
Karam Kamal, Medair-Kommunikationsbeauftragter im Jemen berichtet über den Einsatz der Mobilen Teams.
Acht mobile Teams behandeln und untersuchen wöchentlich über 800 Menschen im Jemen. Kein Tag ist wie der andere.
Im Gouvernement Al Dhale’e im Südwesten des Jemen kann jeder Tag zu einem Kampf ums Überleben werden. Fast die Hälfte der Gesundheitseinrichtungen dort sind nicht oder nur eingeschränkt in Betrieb. Grund dafür sind fehlendes Personal sowie der Mangel an lebenswichtigen Medikamenten und Hilfsgütern. Es muss dringend etwas geschehen. Die Menschen in den abgelegenen Bergregionen von Al Dhale’e leben in besonders schweren Verhältnissen. Oft müssen sie weite Strecken zurücklegen, wenn sie medizinische Versorgung benötigen. Der wirtschaftliche Abschwung belastet die Menschen im Jemen zusätzlich.
Als Reaktion auf die Situation im Jemen übernimmt Medair Gesundheits- und Ernährungsdienste in den Einrichtungen und auf kommunaler Ebene und beliefert unter anderem zehn Gesundheitseinrichtungen mit Medikamenten und medizinischer Ausrüstung. Acht der Gesundheitseinrichtungen bieten mobile Gesundheits- und Ernährungsdienste an, über die Menschen in abgelegenen Gebieten versorgt werden können, für die Gesundheitseinrichtungen nicht erreichbar sind.
Jedes Team besteht aus einer medizinischen und pharmazeutischen Fachkraft sowie einer Hebamme und einer medizinischen Assistenz. Das Team bietet medizinische Grund- und Notfallversorgung sowie Ernährungsdienste an. Dazu gehören ärztliche Beratungen, Leistungen im Bereich der reproduktiven Gesundheit, Medikamente, Impfungen und Gesundheitsfürsorge für Kinder. Bei Bedarf überweist das Team Patientinnen und Patienten an spezialisierte Einrichtungen in der Nähe.
Mein Name ist Karam und ich bin Kommunikationsbeauftragter von Medair. Ich habe das Team bei einem seiner Einsätze begleitet und möchte über meine Erfahrungen berichten.
Als ich das Team traf, bereiteten sich die Mitglieder gerade auf einen arbeitsintensiven Tag vor. Vor ihnen lag eine stundenlange Fahrt in abgelegene, ländliche Gebiete, quer durch gefährliches, felsiges Gelände auf dem Weg zu Familien, die sonst keinen Zugang zu Gesundheits- und Ernährungsdiensten hätten.
„Meiner Meinung nach braucht es viel Erfahrung, um das Problem zu verstehen und zu lösen. Ich komme aus einer abgeschiedenen ländlichen Gegend, in der es an grundlegenden Gesundheits- und Ernährungsangeboten fehlt. Dort gibt es keine Gesundheitseinrichtungen, und die finanzielle Situation der Menschen erlaubt es ihnen nicht, in die nächstgelegenen Ortschaften zu fahren, um derartige Dienste in Anspruch zu nehmen. Das Team und ich geben bei der Arbeit unser Bestes, denn wir kennen diese abgelegene Gegend“, sagt Dr. Ridfan, die medizinische Assistentin, die für die Durchführung der ambulanten Sprechstunden zuständig ist.
Bei unserem ersten Stopp trafen wir Riham, mit ihrem 14 Monate alten Baby auf dem Arm. Das Team von Medair hatte sich in einem Haus eingerichtet, das ihnen von der Gemeindeleitung im Dorf zur Verfügung gestellt wurde.
„Ich weiß nicht, was mit meinem Kind passiert wäre, wenn das Team nicht gekommen wäre. Die meisten Kinder im Dorf sind unterernährt. Wir haben nicht genug Geld, um die wichtigsten Lebensmittel zu kaufen, deshalb essen wir, was da ist. Abwechslungsreiches Essen kennen wir nicht. Bevor der Konflikt anfing, war das ganz anders. Ich war früher Lehrerin. Dann mussten wir aus unserem Dorf fliehen, das jetzt an der Frontlinie im Norden von Al Dhale’e liegt“, sagt Riham.
Im Gouvernement Al Dhale’e wurden stark unterernährte Kinder unter fünf Jahren von Medair behandelt. Insgesamt waren das zwischen Dezember 2020 und Anfang Mai 2022 über 724.
Als wir abseits der Straße durch die Dörfer fuhren, trafen wir auf ein anderes mobiles Team. Dr. Taha, der Allgemeinmediziner, und sein Team hatten alle Hände voll zu tun.
„Wir empfangen etwa 60 bis 80 Personen pro Tag, die verschiedene Leistungen der medizinischen Grundversorgung in Anspruch nehmen, z. B. die Untersuchung von Kindern auf Mangelernährung, Schwangerenvorsorge, postnatale Betreuung, Familienplanung und Gesundheitsberatung für verschiedene Altersgruppen. Wir verlassen den Ort erst, wenn alle die Behandlung bekommen haben, die sie benötigen und zufrieden sind“, sagt Dr. Taha.
Hebamme Yasmin sorgt dafür, dass Kinder unter fünf Jahren nach dem jemenitischen Impfplan geimpft werden. Angesichts mangelnder Leistungen im Bereich der reproduktiven Gesundheit im Jemen arbeiten die Teams von Medair mit Hebammen und lokalen Fachkräften zusammen, um sichere Entbindungen und eine hochwertige Versorgung für Frauen und Babys zu gewährleisten.
„Die Impfung von Babys war am Anfang nicht einfach. Viele hatten Angst davor, aber dank der Aufklärungsarbeit wissen die Menschen jetzt um die Risiken, wenn sie sich nicht impfen lassen. Das ist sehr gut für die Gemeinschaft“, sagt Yasmin, eine Hebamme bei Medair.
„Ich bin wirklich froh. Es ist eine schwierige Aufgabe, aber sie ist es wert, besonders für Frauen und Kinder, die keine medizinische Versorgung in der Nähe haben oder die sich die Fahrt zu einem Gesundheitszentrum nicht leisten können. Es motiviert mich, weiterzumachen, wenn ich höre, wie die Menschen für uns beten, weil wir den Zugang zu medizinischer Versorgung erleichtern“, sagt Dr. Ma’aly, leitende Gesundheits- und Ernährungsbeauftragte bei Medair.
Die acht mobilen Teams behandeln und untersuchen wöchentlich über 800 Menschen. Kein Tag ist wie der andere. An einem Tag empfängt das Team eine Patientin mit einer Brustinfektion, während an einem anderen Tag jemand zur Kontrolle seines Diabetes kommt.
Was aber immer gleichbleibt, ist die Hingabe, mit der die Einsatzteam ihr Bestes.