Berichte Sudan
Das Leid im Sudan lindern
Seit dem Ausbruch der heftigen Kämpfe im Sudan im April 2023 hat sich die Lage der Menschen im Land erheblich verschlechtert. Was im Frühjahr als humanitäre Notlage begann, hat sich zu einer der größten und dynamischsten Krisen unserer Zeit entwickelt.
Seit dem Ausbruch der heftigen Kämpfe im Sudan im April 2023 hat sich die Lage der Menschen im Land erheblich verschlechtert. Was im Frühjahr als humanitäre Notlage begann, hat sich zu einer der größten und dynamischsten Krisen unserer Zeit entwickelt.
Die enorme Not der sudanesischen Bevölkerung findet im Vergleich zu anderen aktuellen Krisen leider wenig öffentliche Aufmerksamkeit, doch die Zahlen und Einzelschicksale sind dramatisch: 24,7 Millionen Menschen benötigen dringend humanitäre Hilfe; 20,2 Millionen Menschen befinden sich in einer Nahrungsmittelkrise; 5,9 Millionen Menschen wurden innerhalb der Landesgrenzen vertrieben. Von der Hauptstadt Khartum aus hat sich die Gewalt auf andere Bundesstaaten des Landes ausgebreitet.
Die Arbeit der humanitären Organisationen wurde durch die Kämpfe erheblich beeinträchtigt. Während MEDAIR und viele andere Hilfsorganisationen ihre internationalen Mitarbeiter für mehrere Monate evakuieren mussten, sind die Helden dieser Krise die einheimischen Kollegen und Kolleginnen, die unter schwierigsten Bedingungen unermüdlich im Einsatz sind, um den betroffenen Menschen im Land zu helfen, wo immer sie können.
„Der Konflikt treibt immer mehr Vertriebene in unsere Gesundheitseinrichtungen“, berichtet Abdulbaset, MEDAIR-Projektleiter vor Ort im Bundesstaat Blue Nile im Südosten des Landes. Durch die Kämpfe wurden zahlreiche Krankenhäuser beschädigt, was den ohnehin schon schwachen Gesundheitssektor des Sudan weiter beeinträchtigt.
Stromknappheit, begrenzte medizinische Versorgung und Schäden an der Infrastruktur erschweren die medizinische Grundversorgung zusätzlich. Kritische medizinische Güter, einschließlich solcher für die reproduktive Gesundheit, gehen zur Neige. Die Region Blue Nile war schon immer von verschiedenen subnationalen Konflikten, Überschwemmungen und Krankheitsausbrüchen betroffen, aber die Eskalation der Kämpfe von Khartum aus verschlimmert die Situation insbesondere für die abgelegenen Gemeinschaften, die ohnehin schon keinen ausreichenden Zugang zu den grundlegenden Gesundheits- und Ernährungsdiensten hatten.
MEDAIR war bereits zwischen 2000 und 2012 im Sudan tätig und ist seit 2020 wieder mit humanitärer Hilfe für die Bedürftigen vor Ort, hauptsächlich in der Region Blue Nile. Dank der starken Partnerschaften mit der lokalen Bevölkerung und anderen humanitären Organisationen konnten unsere einheimischen Mitarbeitenden in den letzten Monaten auch unter diesen neuen und schwierigen Bedingungen weiterhin Hilfe leisten.
Unser Team bietet Leistungen in der medizinischen Grundversorgung und der reproduktiven Gesundheit an und kann somit die dringendsten medizinischen Bedürfnisse der Bevölkerung erfüllen. Zu den Leistungen gehört auch die Ernährungshilfe für Kinder unter fünf Jahren sowie für schwangere und stillende Frauen.
Der Sudan ist von einer schweren Ernährungskrise betroffen und weist weltweit die höchste Rate an Unterernährung bei Kindern auf. Der anhaltende Konflikt hat zu Produktionsunterbrechungen, Lieferkettenproblemen, Treibstoffmangel, Inflation und Währungsabwertung geführt, was wiederum Engpässe und Preissteigerungen zur Folge hat.
Zu den Leistungen von MEDAIR in Blue Nile gehört auch die Versorgung mit wichtigen Medikamenten, Impfstoffen und medizinischem Verbrauchsmaterial sowie die Einrichtung von „Mutter-zu-Mutter-Betreuungsgruppen“, in denen wichtige Informationen über Ernährung und Fütterungspraktiken für Säuglinge und Kleinkinder weitergegeben werden. Zudem führt MEDAIR Schulungen für das Personal von Gesundheitskliniken durch.
„MEDAIR arbeitet mit Bevölkerungsgruppen, die in den letzten zwölf Jahren von der Versorgung ausgeschlossen und vertrieben wurden. Viele wurden aus dem Land in den Südsudan vertrieben und sind in den letzten Jahren zurückgekehrt. Wir bemühen uns deshalb nun, wieder ausreichende Gesundheits- und Ernährungsdienste bereitzustellen, die auf allen Ebenen und Kategorien des Gesundheitssystems funktionieren müssen“, erklärt Abdulbaset.
In einer unserer Gesundheitseinrichtungen in Blue Nile treffen wir Daheeyia. Sie ist Mutter von sechs Kindern und musste im Oktober 2022 aufgrund eines Konflikts zwischen den Gemeinschaften aus ihrer Heimat fliehen. Angreifer kamen, töteten 18 ihrer Verwandten und plünderten ihre Häuser. Daheeyia und ihre Kinder wurden an einen sicheren Ort evakuiert. Vertrieben und obdachlos zog die Familie an einen Ort in Blue Nile, wo MEDAIR kostenlose Gesundheits- und Ernährungsdienste anbietet. Nachdem sie die Hilfe für ihren 13-jährigen Sohn Ali erhalten hat, erzählt die Mutter:
„Ich denke immer an die, die wir verloren haben, weil ich sie so sehr vermisse. Es tut mir weh. Und wir haben unsere Lebensgrundlage verloren. Wir wollen in unser Dorf zurückkehren, aber wir haben Angst, dass die Angreifer noch in der Nähe sind und uns töten werden. Wenn wir wüssten, dass es wirklich sicher ist, würden wir sofort in unser Dorf zurückkehren.
Ich bin wegen der Behandlung meines Sohnes zu MEDAIR gekommen, weil ich kein Geld für die Behandlung habe. Ich habe gehört, dass MEDAIR hier in dieser Grundschule Gesundheits- und Ernährungsdienste anbietet. Mein Nachbar hat mir heute davon erzählt. Ich habe meinen Sohn sofort zur Behandlung gebracht. Ich bin so froh, dass er von Ihnen Medikamente erhalten hat. Ihre Einrichtung ist ganz in der Nähe von wo wir derzeit wohnen und ist für uns leicht zu erreichen. Ich möchte den Spendern und dem Team von MEDAIR für diese kostenlosen Dienste danken.“
Angesichts des steigenden Bedarfs im ganzen Land und der sehr begrenzten Mittel, die zur Verfügung stehen, sind es diese individuellen Geschichten der Hoffnung wie die von Daheeyia und Ali, die unser Team dazu motivieren, weiterhin die Extrameile zu gehen, um Menschen in größter Not zu erreichen. Dank der großzügigen Unterstützung unserer Spender und Spenderinnen können unsere Teams weiterhin lebensrettende Hilfe leisten – auch an den entlegensten Orten, wo keine Strasse hinführt. Für MEDAIR ist kein Weg zu weit.
Unsere Arbeit im Sudan wird durch private Spenden und der Europäischen Union unterstützt.