Allen Widrigkeiten zum Trotz

Wir klopfen an die Wohnungstür von Valentyna und werden kurz darauf von einem lächelnden Mädchen begrüßt. Mit einem Teddybären in der Hand hatte uns Raya die Tür geöffnet. Sie führt uns zu ihrer Großmutter, die schon im Zimmer auf uns wartet.

Valentyna ist 68 Jahre alt und kümmert sich um ihre beiden Enkelkinder – Artem, 16, und Raya, 6. Schon immer waren die beiden die wichtigsten Menschen in ihrem Leben. Der bewaffnete Konflikt, der im März 2023 unerwartet über ihre Heimatstadt hereinbrach, zwang sie zur Flucht und setzte dem Leben, wie sie es kannten, ein Ende. „Wir hatten geplant, am 8. April den Zug zu nehmen. Aber das Schicksal hatte andere Pläne. Um 11.00 Uhr an diesem Tag schlug eine Rakete in den Bahnhof ein. Es gab viele Verletzte und Todesopfer, Erwachsene als auch Kinder. Gott hat uns vor diesem schrecklichen Ereignis bewahrt“, fängt Valentyna an, zu erzählen.

Schlussendlich gelang die Flucht doch noch. „Mein ältester Enkel ist Lehrer, und dank seiner Hilfe konnten wir die Stadt verlassen. Er arrangierte für uns eine Busfahrt am 9. April in die Stadt Dnipro“, fährt Valentyna fort. Zunächst kamen die drei in einer Sammelunterkunft unter, aber die Bedingungen dort waren schrecklich: feucht, kalt und sogar schimmelig. Die Kinder wurden oft krank, und Valentyna musste den Großteil ihres Geldes für Arztrechnungen ausgeben.

„An manchen Tagen wachten wir auf, und es war Frost im Zimmer, so feucht war es“, erinnert sich Valentyna.

Eines Tages besuchte ein Team des Medair-Programms für alternative Wohnlösungen das Wohnheim und bot Valentyna und ihrer Familie Hilfe bei der Suche nach einer anderen Unterkunft an. „Die freundlichen Mitarbeiter von Medair haben uns beim Umzug in eine komfortablere Wohnung in der Stadt geholfen. Jetzt haben wir auch besseren Zugang zu medizinischer Versorgung für Raya. Irina, eine Medair-Mitarbeiterin, hat uns dabei sehr geholfen“, sagt Valentyna.

„Unsere neue Wohnung erinnert uns an das Gefühl, unser eigenes Zuhause zu haben, und bereitet uns große Freude. Sie ist wie ein kleines Paradies für uns, ein Ort, an dem wir wirklich wir selbst sein und gemeinsam schöne Erinnerungen schaffen können“, sagt Valentyna voller Dankbarkeit. Sie fährt fort: „Hier können wir ganz normal mit den Kindern leben, und ich kann mich richtig um ihre Gesundheit kümmern.“

Auch Artem, ihr Enkel, hat Wege gefunden, sich in seinem neuen Leben zurechtzufinden. Trotz der Schwierigkeiten und Hindernisse besucht er eine Fernschule in Kramatorsk und hat in Winnyzja neue Freunde gefunden, mit denen er ausgeht und Sport treibt.

Aber die wahre Heldin dieser Geschichte ist Raya. Da sie mit Epilepsie zu kämpfen hat, ist jeder Tag eine Herausforderung. Doch Raya weigert sich, aufzugeben. Sie findet Freude daran, mit Bauklötzen zu spielen, Buchstaben zu lernen und zu zählen. Ihre Stärke und ihr Enthusiasmus sind eine wahre Quelle der Inspiration für die ganze Familie.

„Wir wissen nicht, was die Zukunft bringen wird, aber dank der Hilfe von Medair können wir an eine bessere Zukunft glauben“, sagt Valentyna mit Dankbarkeit in den Augen.

„Jeden Tag spreche ich mit Menschen, die aufgrund des Konflikts ihr Zuhause, ihre Lebensweise, ihre Träume und ihre Hoffnung für die Zukunft verloren haben. Bittere Tränen, Verzweiflung… jedes Gespräch, das wir führen, gibt den Menschen neue Hoffnung. Zuerst hören wir uns ihre Geschichte an, und klären, was sie brauchen. Dann arbeiten wir kreativ zusammen, um einen Aktionsplan zu entwickeln, der die Situation langfristig verbessern kann. In den meisten Fällen wissen die Betroffenen am Ende der Sitzung, dass sie auf unsere umfängliche Hilfe zählen können, und das gibt ihnen die Zuversicht und Kraft, den Plan in die Tat umzusetzen“, berichtet Iryna, Assistentin für Fallmanagement bei Medair.

Sie fügt hinzu: „Valentyna ist ein Beweis dafür, wie dieses Programm anderen helfen kann. Ihre Augen leuchten jetzt heller als bei unserem ersten Treffen! Ihre Tapferkeit und Entschlossenheit geben uns neue Kraft, und ihre Geschichte inspiriert Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden.“