Geburtshäuser in der Demokratischen Republik Kongo können Leben retten – sowohl das der Schwangeren als auch das der Kinder, die die Frauen erwarten.

Wenn Geburt zum Risiko wird

„Während meiner ersten Schwangerschaft wäre ich beinahe gestorben“, berichtet die 22-jährige Jeanne, die vor dem Geburtshaus wartet. „Eigentlich wollte ich zu Hause entbinden, aber ich blutete plötzlich sehr stark. Doch aufgrund bewaffneter Konflikte konnten wir unser Dorf nicht verlassen, um ins Krankenhaus zu fahren. Wir waren gefangen.“

Dieses Mal will sie kein Risiko eingehen. Und obwohl es noch rund zwei Wochen bis zur Geburt ihres Kindes ist, entscheidet sie sich zu bleiben. „Ich kam ursprünglich nur für die vorgeburtliche Untersuchung ins Krankenhaus, aber die medizinische Fachkraft riet mir, zu bleiben. Sie meinte, dass die Geburt bald bevorstehen würde“, erklärt die junge Mutter.

Die Entscheidung, nicht wie geplant zurück nach Hause zu gehen, ist ihr nicht leichtgefallen. Vor allem, weil ihr zweijähriges Kind auf die baldige Rückkehr der Mutter wartet. „Es ist besonders hart für eine Mutter, nicht bei ihrem Kleinkind sein zu können. Aber ich will auf keinen Fall mehr zu Hause entbinden. Es ist zu riskant.“

Für schwangere kongolesische Frauen kann ein Geburtshaus über Leben und Tod entscheiden – sowohl für sie als auch für ihr Kind.

Für die meisten Frauen bedeutet der Aufenthalt im Geburtshaus, Trennung von ihrer Familie (Foto vor Corona)

„Weil mein Baby hier sicher ist“

Das Geburtshaus, in dem Jeanne zusammen mit über 20 schwangeren Frauen vorübergehend lebt, besteht aus einer Lehmhütte mit zwei Räumen. Darin befinden sich, eng aneinandergereiht, schmale Betten, jeweils mit einem Moskitonetz umhüllt. Das Haus steht auf dem Gelände des Krankenhauses, wo Ärzte und medizinische Fachkräfte die werdenden Mütter und ihre Kinder überwachen können.

Manchmal kommen schwangere Frauen mit einer Begleitperson ins Geburtshaus. Die Begleiter müssen dann aber – aus Platzmangel – mit einem Schlafplatz unter einem Baum vorliebnehmen. Jeanne jedoch ist alleine da.

„Einen ganzen Tag unterwegs zu sein bedeutet für uns, auf einen Tageslohn zu verzichten“

„Meine Familie kann mich nur selten besuchen. Unser Zuhause liegt fast einen Tagesmarsch vom Krankenhaus entfernt. Einen ganzen Tag unterwegs zu sein bedeutet für uns, auf einen Tageslohn zu verzichten“, berichtet die Hochschwangere mit leichtem Schwermut in der Stimme. Sie vermisst ihre Familie und an manchen Tagen fühlt sie sich einsam.

„In den zwei Wochen meines Aufenthalts hat mich meine Familie zweimal besucht. Sie brachten mir Kleidung und Lebensmittel für ein paar Tage mit. Ich hoffe, dass ich das nächste Mal gemeinsam mit ihnen und meinem gesunden Neugeborenen nach Hause zurückkehren kann.“

Und während sie sich die Wartezeit mit Gesprächen, Spaziergängen oder gemeinsamen Kochen mit anderen schwangeren Frauen verkürzt, weiß sie, dass sie am besten Ort für sich selbst und ihr Kind ist. „Ich weiß, dass mein Baby hier bei den Ärzten und den medizinischen Fachkräften, die auf uns aufpassen, sicherer ist“, sagt Jeanne voller Überzeugung.

Ärzte untersuchen die schwangeren Frauen regelmäßig. Sie begleiten sie während der Schwangerschaft, vor der Geburt und nach der Entbindung bis zur Abreise. (Foto vor Corona)

Medair hilft Familien im Kongo

In abgelegenen Gebieten der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) legen schwangere Frauen wie Jeanne einen weiten Weg zurück, um ein Krankenhaus zu erreichen: Manchmal müssen sie dazu viele Kilometer zu Fuß, mit dem Moped oder Motorrad zurücklegen, einen Fluss überqueren, ein Gebirge oder eine Wüste überwinden. Große Entfernungen, fehlende Straßen und öffentliche Verkehrsmittel, finanzielle Einschränkungen und eine kritische Sicherheitslage sind Gründe, die Menschen in von Konflikten betroffenen Gemeinschaften am Zugang zur Gesundheitsversorgung hindern.

In der DR Kongo unterstützt Medair Krankenhäuser und Gesundheitszentren und senkt so die Krankheits- und Sterblichkeitsrate in gefährdeten Gemeinschaften. Wir stellen Medikamente und medizinische Ausrüstung bereit, bilden medizinische Fachkräfte aus, bieten Finanzhilfen und begleitende Supervision an.

In der Region, in der Jeanne lebt, trägt Medair zudem zur Nahrungsmittelsicherheit bei. Medair-Teams unterrichten Mütter darin, wie sie die Erträge ihrer kleinen Felder, die sie meist zur Selbstversorgung nutzen, verbessern können. So wird Hilfe nachhaltig: Wenn Medair die Region verlässt, bleiben das Wissen und die Fähigkeiten bei den Einwohnern. Finanziert wird das Projekt durch die Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA).


Die Inhalte dieses Artikels stammen von Mitarbeitenden von Medair in den Einsatzgebieten sowie im globalen Unterstützungsbüro. Die Meinungen entsprechen ausschließlich den Ansichten von Medair und damit nicht unbedingt auch dem offiziellen Standpunkt anderer Hilfsorganisationen.