„Zufriedenheit im Job bedeutet, die Extrameile zu gehen, um Leben zu retten. Es geht nicht nur darum, wie viel Einkommen ich für meine Familie nach Hause bringe“, erzählt Medair-Mitarbeiter Moise, der es mit der Extrameile tatsächlich sehr ernst meint. Neun beschwerliche Reisetage mit Geländewagen, Boot und zu Fuß nahm der 38-Jährige auf sich, um den an Cholera erkrankten Menschen im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) lebensrettende Medikamente zu bringen. Er berichtet:

„Im Mai erhielten wir Besuch von einem Mitarbeiter aus dem Gesundheitsbereich. Er kam aus einem abgelegenen Gebiet in der Provinz Nord-Kivu, in dem Cholera ausgebrochen war. Mehr als 60 Menschen waren erkrankt und zehn bereits gestorben.

Er bat uns zu helfen und mein Kollege Martyn, Gesundheitsbeauftragter, und ich sagten ihm Hilfe zu. Ich gebe zu, dass ich zuerst gezögert habe. Ich wusste, dass es schwierig sein würde, dieses Gebiet überhaupt zu erreichen. Und das Coronavirus verkomplizierte die Reise noch mehr. Doch Medair geht selbst in die entlegensten Orte, um Menschen in großer Not beiseite zu stehen und zu helfen. Und ich bin Teil von Medair – ich gehe dahin, wo meine Landsleute mich brauchen.

Wir verließen Goma, die Hauptstadt der Provinz Nord-Kivu im Osten der DR Kongo, nur einen Tag bevor ein Corona-bedingter Lockdown über der Stadt verhängt wurde. Wir standen unter enormem Zeitdruck.

Ich war eigentlich noch nicht zur Abreise bereit, aber wir wussten, dass mit jedem Tag ohne die nötigen Medikamente, Menschen sterben.

Martyn und ich waren schon mehrere Tage unterwegs, hatten holprige Fahrten und gefährliche Bootstouren hinter uns, aber das Ende der Reise war noch lange nicht in Sicht.

Als nächstes bestand uns ein Tagesmarsch bevor, bei dem wir einen gefährlichen Urwald durchqueren mussten. Wir mussten Fackeln benutzen, um überhaupt etwas sehen zu können, so dicht war das Dickicht. Den letzten Abschnitt der Reise konnten wir dann glücklicherweise mit über 70 Kongolesen aus Ibanga fortsetzen, die nach Itebero gekommen waren, um als freiwillige Träger etwa 2.000 Kilo an wichtigen Medikamenten und medizinischen Gerätschaften zu transportieren. Jeder dieser Freiwilligen schleppte rund 30 Kilogramm auf dem Rücken, und das in Gummistiefeln!

Unsere Füße waren wund vom Marschieren bei Regen und sengender Hitze. Da die Zeit drängte, legten wir nur kurze Pausen ein, aßen Maniok und Trockenfisch, tranken Wasser aus dem Fluss und schliefen in fremden Hütten in den Dörfern, an denen wir vorbeikamen.

Die Wege in der DR Kongo sind oft sehr beschwerlich. (Archivbild - (c) Medair/Lucy Bamforth)

Ich gebe zu, dass ich Angst hatte, besonders als wir im Urwald auf Schlangen und Gorillas stießen. Doch zum Glück hatten wir unsere Truppe an freiwilligen Helfern – das machte die Sache viel erträglicher. Die meisten dieser Männer hatten selbst ein oder zwei Familienmitglieder, die an Cholera erkrankt waren.

Wir hatten alle ein gemeinsames Ziel: Rechtzeitig im Dorf anzukommen, um möglichst viele Bewohner vor dem Tod bewahren zu können.

Nach zwei weiteren Reisetagen erreichten wir endlich sicher das Dorf. Die Bewohner waren sehr glücklich uns zu sehen und begrüßten uns herzlich. Es blieb jedoch keine Zeit zum Ausruhen: Umgehend suchten wir die medizinische Ambulanz auf, um dort den Kranken die lebensrettenden Medikamente zu verabreichen. Unglücklicherweise waren bereits über zehn Menschen an der Krankheit gestorben.

Es machte mich sehr traurig, als ich das hörte, aber gleichzeitig war ich erleichtert, weil wir mit den mitgebrachten Medikamenten weitere Leben retten konnten. Wir errichteten im Dorf außerdem Anlagen, an denen die Bewohner ungereinigtes Wasser durch den Zusatz von Chlor desinfizieren. So kann es als sauberes Trinkwasser genutzt werden und bewahrt die Menschen vor Infektionskrankheiten.

Einen Tag nach unserer Ankunft machten wir uns wieder auf die lange Rückreise, aber dieses Mal mit dem wunderbaren Wissen, dass sich die an Cholera erkrankten Menschen bald erholen würden.“


Medair geht an die entlegensten und am stärksten verwüsteten Orte der Welt, um menschliches Leiden zu lindern. In der DR Kongo hat die Hilfsorganisation sich zur Aufgabe gemacht, Infektionskrankheiten wie Cholera zu bekämpfen. Dazu helfen Behandlungszentren, Chlorungsanlagen, Hygieneschulungen und die Aufbereitung von ungereinigtem in sauberes Trinkwasser. In elf Dörfern der Gesundheitszone Itebero in Walikale, einem Gebiet in der Provinz Nord-Kivu, erreichten wir bereits über 8.000 Menschen und halfen ihnen durch Präventionsmaßnahmen.

Das Projekt wurde finanziert vom Europäischen Amt für humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz (ECHO) und der Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA).