Im August 2014 traf das Globale Nothilfeteam von Medair in der Stadt Zaxo im Nordirak ein. – Ein Rückblick auf sechs Jahre Einsatz.

Tagelang hatten Nachrichten über schreckliche Anschläge in der nahegelegenen Sindschar-Region weltweit die Schlagzeilen beherrscht. Tausende Menschen waren vor der brutalen Gewalt bewaffneter Gruppen geflohen. Wir ermittelten rasch den Hilfebedarf und koordinierten uns mit anderen humanitären Organisationen, um die vertriebenen Familien umgehend mit dringend benötigten Unterkünften, sauberem Trinkwasser und Hygieneartikeln zu versorgen. Obwohl die Gewalt nicht aufhörte, setzten wir unsere Hilfsprogramme fort.

Ende 2014 begannen wir, lokale Gesundheitseinrichtungen zu unterstützen. Es wurde absehbar, dass unser Einsatz länger dauern würde. Also registrierten wir uns bei der irakischen Regierung als humanitäre Organisation. Im folgenden Jahr weiteten wir unsere Aktivitäten auf die Städte Dohuk und Kirkuk aus, um auch dort vom Konflikt betroffenen Familien in den Bereichen Unterkunft, sauberes Wasser, sanitäre Anlagen und Hygiene sowie Gesundheitsversorgung zu helfen.

Ab 2016 begannen Militäroffensiven mit dem Ziel, die von den bewaffneten Gruppen besetzten Gebiete im Irak zurückzuerobern. Auch in dieser kritischen Zeit halfen wir Familien, die vor der Gewalt flohen, so gut es ging. Nach und nach konnten wir auch in Regionen vordringen, die zuvor für humanitäre Organisationen unzugänglich gewesen waren. Und unsere Teams konnten weitere Gemeinschaften erreichen und Männern, Frauen und Kindern helfen, sich von den jahrelangen Konflikten zu erholen.

 

Iraker beginnen mit Wiederaufbau und Entwicklung

Es ist keine leichte Entscheidung, das Hilfsprogramm für ein Land zu beenden. Drei Jahre sind seit der Rückeroberung der Gebiete vergangen, die vorübergehend von bewaffneten Gruppierungen beherrscht wurden. Der schwere Konflikt, der uns ursprünglich in den Irak führte, ist zu Ende. Nach der akuten Notlage, die diese Krise ausgelöst hatte, beginnt das Land mit Wiederaufbau und Entwicklungsarbeit. Als Medair haben wir beschlossen, unsere Präsenz zu reduzieren und unsere Aktivitäten an lokale Akteure und deren Partnerorganisationen zu übergeben. Wir planen, die Registrierung von Medair als humanitäre Hilfsorganisation im Irak Anfang 2021 einzustellen und damit die operativen Aktivitäten zu beenden. Medair hält sich so aber gleichzeitig die Möglichkeit offen, die Arbeit in Zukunft wieder aufzunehmen, falls die humanitären Bedürfnisse aufs Neue zunehmen sollten.

Wir konnten über 850.000 Menschen helfen

Über einen Zeitraum von sechs Jahren haben wir über 850.000 von Gewalt betroffene Menschen mit lebensrettender medizinischer Versorgung, Zugang zu sauberem Wasser, Unterstützung im Bereich Hygiene und Unterkunft sowie Bargeldhilfen unterstützt. Wir hätten dies nicht ohne unsere unglaublich mutigen Mitarbeiter tun können. Viele von ihnen waren von den gewalttätigen Ereignissen betroffen, auf die wir reagiert haben.  Wir hätten dies auch nicht ohne die von uns unterstützten Gemeinschaften tun können, die ‒ trotz der Gewalt, die sie erlebt hatten ‒ unseren Teams vertrauten und uns erlaubten, mit ihnen zusammenzuarbeiten.


Der Einsatz von Medair im Irak wurde von USAID (Behörde der Vereinigten Staaten für internationale Entwicklung), UNOCHA (Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten), ECHO (Generaldirektion Europäischer Katastrophenschutz und humanitäre Hilfe), Tearfund UK, Transform Aid International, Medical Teams International, Stiftung NAK-Humanitas und privaten Spendern finanziert.

Die Inhalte dieses Artikels stammen von Mitarbeitenden von Medair in den Einsatzgebieten sowie dem globalen Unterstützungsbüro. Die Meinungen entsprechen ausschließlich den Ansichten von Medair und damit nicht unbedingt auch dem offiziellen Standpunkt anderer Hilfsorganisationen.