Es ist eine unwirtliche Gegend. Felsige Berge. Staubiges Land mit karger Vegetation. Das zentrale Hochland in Afghanistan wirkt wie eine Steppe. Dürren und Überweidung zerstörten Landschaften  stark. Trockenheit und Überschwemmungen laugten die Böden aus. Hart und beschwerlich ist das Leben der Dorfbewohner in ihren Lehmbauten. Was sie ihrem Ackerland abtrotzen, reicht gerade zum Überleben. Die wenigsten ernten genug, um den Winter gut zu überstehen. Deshalb unterstützt Medair in abgelegenen Bergdörfern im zentralen Hochland extrem verarmte und bedürftige Familien.

Die Hilfseinsätze in solch schwierigem Terrain erfordern Erfahrung und Expertise. Nicht viele Hilfsorganisationen arbeiten hier. Karim, ein Bauer und Dorfältester sagt: „Seht her, meinen grauen Bart. In all den Jahren, in denen ich ihn trage, ist nie eine Hilfsorganisation hier gewesen. Medair ist die erste.“

Chronische Unterernährung ist weit verbreitet in der Region. Doch nicht nur die Menge an Nahrung ist entscheidend – sie muss auch ausreichend Nährstoffe enthalten. Im zentralen Hochland ist jedes zweite Baby oder Kleinkind unterernährt und in seiner Entwicklung verzögert. Der Mangel an Vitamin-A, Jod, Eisen und wichtigen Mineralstoffen macht betroffene Kinder anfällig für Krankheiten. Sie sterben häufiger. Schwangere Frauen geben die Unterernährung an ihre Babys weiter. Neugeborene kommen schon untergewichtig zur Welt.

Das muss nicht so bleiben. Die Wasser-, Agrar- und Schulungsprojekte von Medair stärken langfristig die Widerstandskräfte der Dorfgemeinschaften gegen Krisen.

"Wir helfen den Familien in dieser abgeschiedenen Region, ihr Leben und ihre Gesundheit selbst zu verbessern. Frauen spielen hierbei eine zentrale Rolle. Sie kümmern sich um Haushalt, Mahlzeiten und die Kinder. " Peter, Projektmanager von Medair in Afghanistan

Delara zeigt das Schulungsheft von Medair. Sie hat viel Neues gelernt über Hygiene, Ernährung und wie sie einen Gemüsegarten anlegt. ©Medair/Wendy van Amerongen

Auch Delara und ihr Mann Ezatullah (alle Namen geändert) leben mit ihren zehn Kindern in den Bergen. Gerade jäten sie fleißig in ihrem Garten. Er liegt direkt neben ihrem Haus. „Seht her: Bei uns wachsen jetzt Spinat, Lauch, Tomaten, Koriander, Kohl, Kürbis, grüne Paprika und noch viel mehr“, freut sich Delara. Das Gemüse wird sie gut über den Winter bringen.

In dieser abgelegenen Region sind die Winter lang und streng. Meist sind die Familien eingeschneit und von der Außenwelt abgeschnitten. Sie müssen im Winter mit dem auskommen, was sie in den Monaten zuvor geerntet haben. Das war seit Generationen ihre Überlebensstrategie. Doch heute gelingt es kaum noch.

Deshalb bot Medair das Konzept der lebensrettenden Gemüsegärten den Menschen an. Die Bewohner waren einverstanden und verbessern nun ihre Überlebenschancen. Delara ist eine von 1850 Frauen, die von Medair Saatgut erhalten haben und im Gartenbau geschult wurden. In Open-Air-Workshops lernen die Teilnehmer in einem Mustergarten wie sie Frühbeete und ein Mini-Gewächshaus anlegen; wie sie die Samen anziehen, bevor sie die jungen Triebe im Frühjahr in ihrem neuen Garten anpflanzen. Als Erstausstattung erhalten sie Plastikplanen, Samenpakete und einen Obstbaum.

Zudem werden Frauen und junge Mütter über die Wichtigkeit des Stillens, eine ausgewogene Ernährung für Babys und Kleinkinder sowie gute Hygiene gegen vermeidbare Krankheiten aufgeklärt. „Das alles wussten wir vorher nicht“, sagt Delara. „Die Helfer von Medair haben uns so viel Gutes beigebracht.“

Ezatullah ist stolz auf seine Ernte. Er ist einer der Bewohner, die Medair im nachhaltigen Obst- und Gemüseanbau geschult hat. ©Medair/Wendy van Amerongen

„Wir ernähren uns jetzt viel ausgewogener“, sagt Delara. „Als wir Frauen begannen, auf den Feldern zu arbeiten, wurden wir zuerst ausgelacht. Auch ich wusste nicht, was ich mit einer Schaufel anfangen sollte. Mittlerweile finden es die Leute jedoch interessant und unsere Arbeit wird zunehmend akzeptiert. Denn schließlich arbeiten jetzt so gut wie alle Frauen im Garten. Diese Selbstständigkeit macht uns sehr stolz und glücklich.“

„Dieses Jahr gibt es im Winter zu Brot und Tee zusätzlich leckeres Gemüse“, freut sich Delara. ©Medair/Wendy van Amerongen

Das Gemüsegarten-Projekt von Medair stärkt auch die lokale Wirtschaft. Händler Jamal betreibt seit 15 Jahren einen Gemischtwarenladen. Er sagt: „Jetzt, wo die Frauen wissen, wie man Gemüse anbaut, wollen sie mehr Samen kaufen. Ich muss immer größere Mengen beschaffen.“

 

Bitte unterstützen Sie mit einer Spende unsere Projekte in Krisen- und Konfliktregionen. Wir möchten weiterhin Menschen die Hilfe geben, die sie so dringend brauchen. Vielen Dank!

Internationale Partner von Medair:

Stiftung Glückskette, Food For Peace, Global Affairs Canada,  Mennonitisches Zentralkomitee Kanada, Kantone Zürich und Aargau, Fürstentum Liechtenstein, das Welternährungsprogramm sowie private Spender.

Die Inhalte dieses Artikels stammen von Medair-Mitarbeitenden. Aus Sicherheitsgründen wurden die Namen der erwähnten Personen geändert. Die in diesem Artikel geäußerten Meinungen entsprechen ausschließlich den Ansichten von Medair und nicht zwingend auch dem offiziellen Standpunkt anderer Hilfsorganisationen.