Die Geschichte von Mohammed und seiner Familie beeindruckte mich

«Aus dem Nichts tauchten Soldaten auf und schossen in unserem Dorf wild umher. Sie töteten 13 Menschen», erzählt Mohammed, ein Rohingya-Flüchtling und Vater von 10 Kindern. Mohammed und ich sind ungefähr im gleichen Alter. Wir beide lieben unsere Kinder über alles und doch könnten unsere Lebensumstände nicht unterschiedlicher sein. Ich war nie Opfer von ethnisch motivierter Gewalt. Zwar würden wir beide alles für die Sicherheit unserer Familien tun. Aber ich war noch nie in dem Mass mit Gefahren konfrontiert – ganz im Gegensatz zu ihm.

Letztes Jahr besuchte ich Kutupalong, das Flüchtlingslager in Bangladesch, in dem sich Mohammed mit seiner Familie niedergelassen hat. Ich wollte mir ein Bild vom Rohingya-Projekt von Medair machen und mit den Betroffenen sprechen. Mohammed flüchtete mit seiner Frau Rukhia und ihren zehn Kindern im Alter von eins bis 18 Jahren hierher, nachdem sie aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Es war – anders als bei mir – keine freiwillige Entscheidung, sondern der einzige Weg, dem Tod zu entrinnen.

Auf der Flucht

Während der Massaker gegen die Rohingya-Minderheit im August 2017, flüchtete Mohammed mit seiner Frau und den zehn Kindern. Tiefe Sorgenfalten legen sich über Mohammeds freundliches Gesicht: «Unser Zuhause zu verlassen, war sehr hart für uns, vor allem, weil wir nicht wussten, was uns erwarten würde.»

Nach vier anstrengenden Tagen erreichten Mohammed und seine Familie endlich Bangladesch – ein Land, das sie nur vom Namen her kannten. Mohammed hält seinen jüngsten Sohn, den nach ihm benannten kleinen Mohammed, im Arm. Er erinnert sich: «Wir kamen nur langsam voran, die Pfade waren sehr hügelig. Auch war es nicht einfach, einen sicheren Schlafplatz für unsere Kinder zu finden. Sie taten sich beim Einschlafen schwer und zu Essen gab es unterwegs auch nicht genug. Nachts musste ich nochmals auf Nahrungssuche gehen. Ich fühlte mich hilflos.»

Sicher – aber nicht daheim

Die Familie lebt seither in einem überfüllten Flüchtlingslager in Bangladesch. Für 600 000 Rohingya-Flüchtlinge stehen nur 13 Quadratkilometer zur Verfügung – eine Situation, die zahlreiche Herausforderungen mit sich bringt. Zwar ist Mohammed dankbar für die Sicherheit, die im Lager herrscht. Gleichzeitig fehlt ihm sein Dorf, seine Heimat: «In Rakhine hatten wir ein schönes Haus mit eigenen Möbeln und waren umgeben von üppigen Bäumen und Feldern», so Mohammed. «Hier habe ich noch nicht einmal eine Arbeit. Das Lager ist überfüllt und es ist sehr laut.»

Mohammed träumt davon, als Rohingya anerkannt zu werden und die Staatsbürgerschaft seines Landes zu erhalten. «Über solche Dinge musste ich mir früher nie den Kopf zerbrechen. Wenn wir anerkannt würden, könnten wir irgendwann heimkehren. Ich möchte offiziell Teil meines Landes sein, die Menschenrechte und die Freiheit geniessen. Aber das braucht Zeit. Ich fühle mich unglücklich. Die ganze Situation macht mich sehr unglücklich», so Mohammed, während sechs seiner Kinder bei ihm sitzen und ihrem Vater genau zuhören.

Es gibt Hoffnung

Ich bin froh, dass Mohammed durch das Medair-Projekt ein wenig Unterstützung bekommt. Er sagt dazu: «Medair gibt uns Nahrungsmittel. So haben meine Kinder genug zu essen und sind einigermassen glücklich. Und wenn sie glücklich sind, bin ich es auch». Menschen wie Mohammed sind der Grund, weshalb ich für Medair arbeite.

Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass wir in einem Zeitalter von Vertreibungen leben – und es ist kein Ende in Sicht. Die Art und Weise, wie wir darauf reagieren, wird diese Generation formen und prägen. Unterstützen Sie die humanitäre Arbeit von Medair heute noch mit einer Spende an unseren Fonds für Flüchtlinge.