Im südlichen Madagaskar ist für viele Frauen wie Farasoa das Wasserholen eine tägliche Last, die viel Zeit und Kraft in Anspruch nimmt.

“Zusätzlich zu meinen Pflichten als alleinerziehende Mutter muss ich jeden Tag an einem Ort etwa drei Stunden entfernt von hier Wasser holen”, erzählt Farasoa. Die 38-jährige ist Mutter von sieben Kindern und von ihrem Mann geschieden. Mit ihren Kindern lebt sie in einem kleinen Haus im Bezirk Tsihombe (Androy) im Süden Madagaskars.

Während einige ihrer älteren Kinder Maniok anbauen und Zebuherden hüten, um so den Lebensunterhalt mitzubestreiten, verlässt Farasoa ihr Zuhause täglich um 7 Uhr morgens, um Wasser zu holen. Der Brunnen, an dem sie Trinkwasser schöpfen kann, befindet sich in der Nähe des Meeres, etwa 5 Kilometer von ihrem Haus entfernt. In der Mittagszeit kommt sie wieder nach Hause, mit einem Eimer auf dem Kopf und einem 20-Liter-Kanister in den Händen, die beide mit Wasser gefüllt sind. “Ich kann nicht zweimal gehen. Erstens habe ich dafür nicht genügend Kraft – ich mache schon jetzt mehrere Pausen. Zweitens haben wir nicht genügend Behälter. Wir verwenden dieselben zum Wasserholen, Transportieren und Lagern. Zum Glück haben wir einen Becher, um das Wasser zu schöpfen”, seufzt sie.

Bei unserem Besuch bei Farasoa fällt uns am Eingang ihres Hauses ein Eimer mit schlammigem Wasser ins Auge. Offenbar hatte sie ihn gerade in einer Pfütze in der Nähe gefüllt, denn am Tag zuvor hatte es etwas geregnet. Für Farasoa war das verständlicherweise eine Erleichterung; einen Fußmarsch von sechs Stunden konnte sie dadurch einsparen.

Farasoa und drei ihrer Kinder müssen dreckiges Wasser aus Pfützen trinken.

“Es gibt zurzeit einen kleinen “sihanake” (lokaler Ausdruck für die Tümpel und Pfützen, die nach dem Regen zurückbleiben) nicht weit von hier. Er existiert aber nur bei Regen, was während des Jahres sehr selten vorkommt. Ein Eimer Wasser kostet um die 2000 Ar und diese Summe Geld haben wir schlicht nicht. Auch Seife können wir uns nicht leisten. Ich weiß, dass die Farbe des Wassers nicht schön ist, dass Autos und Karren über die Pfütze, aus der ich es genommen habe, gefahren sind und dass es streng riecht. Aber wir haben keine Wahl, wir werden es trinken und so verwenden, wie es ist. Übrigens, selbst das Wasser, das ich aus dem Brunnen hole, ist zwar klar, aber es riecht seltsam. Doch es ist das nächstgelegene und unsere Augen, unsere Nase und unsere Zunge haben sich daran gewöhnt”, fügt sie hinzu.

Auch duschen kann Farasoa aufgrund von Zeit- und Wassermangel nur selten. Sie sehnt sich von ganzem Herzen nach einem einfacheren Zugang zu sauberem Wasser. Dann müsste sie dieser mühsamen zusätzlichen Aufgabe des Wasserholens nicht mehr nachgehen und könnte ihre Zeit anderen Dingen widmen als auch mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen.

Im Süden Madagaskars ist Wasser Gold wert. Die Region leidet nun schon seit mehreren Jahren unter einer lang anhaltenden Dürre, sodass jeglicher Regen für die Menschen vor allem eines ist: eine große Freude. Denn ohne ihn müssen sie kilometerweit durch heißen Sand und unter sengender Sonne laufen. Pro Gang können sie maximal zwei Wasserkanister transportieren. Die meisten Familien sammeln Wasser in Teichen oder Brunnen, die weit von ihren Häusern entfernt sind, während andere wiederum gezwungen sind, Wasser zu sehr hohen Preisen zu kaufen. Die Sauberkeit dieses Wassers ist fraglich, da die Familien nicht über die Mittel verfügen, um es zu reinigen. Infolgedessen ist die Rate für Durchfallerkrankungen bei Kindern in diesem Teil des Landes besonders hoch. Die Bevölkerung wünscht sich nichts sehnlicher als einen einfachen Zugang zu genügend sauberem Trinkwasser.

Freiwilliger Medair-Scout im Farasoa-Haus während einer CAP-Untersuchung.

Medair ist seit nunmehr vier Jahren im Süden Madagaskars tätig. Um die mit dem Wassermangel verbundenen Probleme anzugehen, haben wir ein neues Projekt eingeführt. Ziel des Projektes ist, anhand von Maßnahmen im Bereich WASH (Wasser, sanitäre Einrichtungen und Hygiene) den Wassermangel in den drei Bezirken der Region Androy (Ambovombe, Tsihombe und Beloha) im Süden Madagaskars zu verringern. Dieses von der UNICEF finanzierte Projekt trägt insbesondere dazu bei, die Sterblichkeit aufgrund mangelnder WASH-Praktiken zu verringern, die Hygiene auf kommunaler und institutioneller Ebene zu fördern und den Zugang zu sauberem Trinkwasser in diesen gefährdeten Gebieten zu verbessern. Denn wir sind überzeugt: jedes Leben zählt!